Flexibel trotz Serienfertigung

Zwei Bearbeitungsstationen im Portal

„Die Auslegung des Portals erfolgte dann auf Wunsch von Rittal sogar noch mit einem größeren Arbeitsraum. Deshalb konnten wir neben der individuellen Fertigung der Ausbrüche an den neuen SE-8-Schränken noch eine zweite Station in die Laser-Schneidzelle integrieren, um für die gesamte Anlage eine noch höhere Auslastung zu realisieren.“ In der zweiten Station werden über einen 2-Ebenen-Wechseltisch Flachteile anderer Schrankmodelle – beispielsweise Türen oder Seitenwände etwa von Anreihsystemen – eingelegt, um an diesen ebenfalls Ausbrüche zu fertigen. Zum Einsatz kommt ein 2kW-Faserlaser von IPG, der bei Rittal mit dem Laserportal RLP16-FT kombiniert wurde. Das Besondere an dieser Kinematik ist die einzigartige, integrierte Strahlführung. Die Laserstrahlführung im Roboterarm punktet neben der verbesserten Zugänglichkeit auch damit, dass die Faserzuführung keine Störkontur bildet, die sich an einem Bauteil verhaken könnte. Überdies liegt ein weiterer Vorteil gegenüber stationären Lasersystemen, bei denen das zu bearbeitende Bauteil bewegt wird, darin, dass der Roboter in weiten Bereichen völlig frei beweglich ist und mit seinem kompakten Handgelenkmodul sogar sehr komplexe, dreidimensional geformte Bauteile mit Hinterschneidungen bearbeiten kann. Die eingesetzte Schneidoptik mit kapazitiver Abstandssensorik steuerte das Schwesterunternehmen Reis Lasertec bei.

Software für einfache Bedienung

Wer in einer Serienfertigung Modifikationen mit Losgröße 1 einbringt, wünscht sich eine einfache und schnelle Lösung. Aus diesem Grund hat Reis die intuitive Offline-Programmierung ProVis so modifiziert, dass anhand der Auftragsmaße oder CAD-Daten des Kunden automatisch ein Programm für den Laser-Schneideroboter erzeugt wird. Dabei reichen sogar 2D-CAD-Daten aus, denn letztlich braucht der Roboter pro Seite nur die Flächenkoordinaten, um Ausbrüche vom winzigen Schraubenloch bis zur großflächigen Öffnung mit beliebiger Kontur anzufertigen. Zur Programmierung gehört auch eine Simulation, die dem Werker an der Bearbeitungszelle erlaubt, vor dem eigentlichen Schnitt alle Bewegungen zu simulieren, um Kollisionen des Roboters mit Bauteilen zu verhindern. Zusätzlich haben die Entwickler bei Reis den optimalen Ort für Beginn und Ende jedes Schnitts berücksichtigt. Dies verhindert, dass bei größeren Ausbrüchen Blechteile unkontrolliert herausfallen und sich ggf. verhaken. Bereits bei Projektbeginn wurde eine weitere innovative Option bedacht. Die Rede ist von einer vollständigen Automatisierung der gesamten Prozesskette vom Kundenauftrag bis zum individuellen Ausbruch. „Schon bald werden unsere Kunden die Schrankmodelle über einen Internet-Konfigurator gleich mit den Ausbrüchen bestellen können“, ergänzt Markus Nietsch. „Das heißt, der Auftrag geht vom Internet-Bestellportal direkt bis zum Laser-Roboter durch, ohne dass dazu noch weitere manuelle Schritte nötig wären.“ Nach der Bearbeitung eines Korpus wird der Schaltschrank wieder in die Serie eingeschleust. Nun folgen EC-Grundierung und Pulver-Lackierung. Dadurch erreichen auch die modifizierten Gehäuse das gleiche hohe Qualitäts- und Korrosionsschutzniveau wie alle anderen Serienprodukte von Rittal.

Sicherheit groß geschrieben

Ein moderner Faserlaser, wie er bei Rittal eingesetzt wird, hat eine solch hohe Energiedichte, dass Mitarbeiter in Fertigungsumgebungen besonders geschützt werden müssen. Rittal setzt auf eine geschlossene Laserzelle in Form einer Aluminium-Hohlkammereinhausung, die ringsum mit den patentierten und einzigartigen LaserSpy-Sensoren von Reis Lasertec ausgerüstet ist. Gemäß der aktuellen CE- und Sicherheitsvorschriften geht es bei Festkörperlasern nicht ohne aktive Sicherheitstechnik. Würde bei der gewählten Einhausung der Laserstrahl durch eine Fehlfunktion in diese Hohlkammer eindringen, wird dies detektiert und die Laserquelle innerhalb von Millisekunden sicher ausgeschaltet – also schnell genug, um weiteren Schaden zu verhindern. Tests bei Reis Lasertec haben bewiesen, dass selbst bei einem gezielten Durchschuss der ersten Aluwand ein wärmeempfindliches Thermopapier im Hohlraum keinerlei Verfärbung aufwies, also nicht vom Laserstrahl getroffen wurde; so schnell hat der LaserSpy abgeschaltet. Prozess und Bearbeitungsfortschritt in der Zelle überwacht der Bediener über einen großen Bildschirm an seinem Arbeitsbereich.

Fazit

Das hohe Prozess-Know-how bei Reis machte es möglich, diese sehr spezielle Lösung mit dem ganz ’normalen‘ Fertigungsablauf so zu verzahnen, dass Modifikationen weder Produktionsgeschwindigkeit noch Serienstandard von Rittal negativ beeinflussen. Reis und Rittal haben in dem gemeinsamen Projekt gezeigt, dass ein Schrank mit Modifikationen nur wenige Minuten länger in der Fertigung verweilen muss als Standardmodelle. Durch die 3D-Laserbearbeitung im Reis-Laserportal sind nicht nur flexible Ausbrüche in jeder beliebigen Form und Größe in höchster Qualität möglich. Sie gestatten auch eine durchgängige Auftragssteuerung von der Erfassung in einem Internetportal bis zur Verladung auf den LKW und Transport an den Einsatzort.

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