Energieerfassung to go: Mobile Messboxen
Lastflussmessung und Spannungsqualitätsanalyse in der Verteilebene gewinnen für alle Netzbetreiber und Energieversorger an Bedeutung. Die Stuttgart Netze hat deshalb den Wasen auch nicht als Einzelmaßnahme betrachtet, sondern als Feldtest für eine zukünftig flächendeckende Lösung. Messtechnik, die diese Extremsituation beherrscht, wird sich auch im Alltagsgeschäft bewähren. Da das Gelände nur in zeitlichen Abständen genutzt wird, sollten die Instrumente mobil bleiben. Deshalb entwickelten die Stuttgart Netze und Janitza gemeinsam mobile Messboxen. Diese erfassen auf der einen Seite die Einspeisung vom Trafo zur Sammelschiene, auf der anderen Seite die Niederspannungsabgänge – letztere vierpolig. Das ist wichtig, denn nur durch die Messung am PEN-Leiter lassen sich Blindströme bzw. Rückspeisungen identifizieren. Ralf Schwollius unterstreicht die Bedeutung der vierpoligen Messung: „Der Bereich der Zwischenharmonischen ist sehr interessant. Der PEN-Leiter hat häufig einen geringeren Querschnitt, trägt aber immer mehr Strom. Wir müssen für die Belastungen Erfahrungswerte sammeln und Tendenzen erkennen.“ Alle Messungen erfolgen über Klappwandler, die sich im laufenden Betrieb ohne eine Unterbrechung des Leiters sowie sicher montieren und wieder entfernen lassen. Herzstück jedes Messkoffers ist wahlweise ein Klasse A Messgerät UMG 512 Pro oder UMG 96RM-E. Mit ihm lässt sich die Spannungsqualität im Netz erfassen sowie alle Daten dokumentieren. Unter dem Hauptgerät sind zwei Messgeräte vom Typ UMG 20CM eingebaut, die über je 20 Stromeingänge verfügen. Somit können die beiden Geräte in Summe zehn NS-Abgänge vierpolig erfassen. Damit lassen sich Lastprofile auch für vermaschte Niederspannungsnetzen erstellen. Außerdem kann man Rückspeisungen und Störungen, wie Oberschwingungen, sichtbar machen. Sehr hilfreich sind für diese Anwendungen auch die offenen Schnittstellen. Auf dem Wasen werden sie für Mobilfunkmodems genutzt. Damit hat die netzführende Stelle Niederspannung der Stuttgart Netze jederzeit Zugriff auf die Daten. Die gleichen Systeme können mit geringem Aufwand auf die Schnittstellen und Steuerleitungen vorhandener Betriebsmittel angepasst werden. Damit werden Redundanzen vermieden und die Investitionen gering gehalten. Die Stuttgart Netze profitiert in mehrfacher Hinsicht von den Messdaten: Sie erhöhen die Versorgungssicherheit, sie erleichtern die Planung, verbessern die Störungsanalyse und sie eröffnen neue Geschäftsfelder im Bereich Dienstleistungen.
Messdaten für mehr Versorgungssicherheit
Wie schon beschrieben, ist das Wochenende nach Eröffnung des Volksfestes der erste große Stresstest für die Versorgung. Im Prinzip sind die Voraussetzungen gut: Die Stationen sind miteinander über die Niederspannungsleitungen stark vermascht. Durch Netzumschaltmaßnahmen lässt sich zusätzliche Leistung zur Verfügung stellen. Dabei mussten die Verantwortlichen jedoch größere Reserven einplanen, da keine umfassende Lastprofilerfassung zur Verfügung stand. Mit den mobil kommunizierenden Messboxen kann man nun Daten in Echtzeit abgreifen und sogar Störungen, Netzunterbrechungen usw. lokalisieren. Die Techniker können dann gezielt eingreifen, um eine schnelle Wiederversorgung zu ermöglichen. Ralf Schwollius geht noch einen Schritt weiter: „Wir können sogar im Vorgriff feststellen, ob Engpässe drohen und Vorsorge ergreifen, bevor es zu Ausfällen kommt. Außerdem können wir ein Problem besser analysieren und belegen, ob die Ursache bei uns oder beim Kunden zu suchen ist.“ Da die Messgeräte über eine parametrierbare Grenzwertüberwachung verfügen, kann der Kunde festlegen, wann eine Warnmeldung erfolgt und so Ausfälle vermeiden. Ralf Schwollius weist auf einen weiteren Aspekt der Versorgungssicherheit hin: „Was passiert, wenn eine Einspeisung für ein Zelt ausfällt? Natürlich gibt es eine Notversorgung mit Licht, aber der gesamte Betrieb steht. Nun haben wir es nicht nur mit 6000 Besuchern, sondern mit 6000 mehr oder weniger Angetrunkenen zu tun. Wie reagieren diese, wenn der Nachschub ausbleibt? Heute ist die Dynamik anders als noch vor 10-20 Jahren. Auch dieses Verhalten muss bei der Dimensionierung der Versorgungssicherheit berücksichtigt werden.“