„Herr der Schnittstellen“

Die Digitalisierung kommt, keine Frage. Aber wie weit hält sie denn tatsächlich bereits Einzug in Entwicklung und Fertigung?

Michels: Das ist ganz unterschiedlich. Manche Kunden fordern die Möglichkeiten der neuen Schnittstelle bereits aktiv ein, andere haben noch gar nicht darüber nachgedacht.

Klein: Allen Anwendern gemein ist: Sie müssen auf die neuen Technologien reagieren. Wie weit sie dabei heute schon sind, hängt von der eigenen Einstellung und dem Handlungsdruck von Kunden ab. Insgesamt ist der Aufwand für den Import und Export der Variablen über die AutomationML-Schnittstelle denkbar gering. Der Anwender muss seine Prozesse etwas anpassen, aber keine tiefgreifenden Änderungen im Engineering vornehmen.

Funke: Das Potenzial der Digitalisierung wird leider nicht immer richtig eingeschätzt. Dann fehlt oft noch der Impuls für einen Wechsel der Methoden.

Dabei sollten doch die Vorteile von AutomationML klar ersichtlich sein?

Funke: Ja, auch aus Anbietersicht. Wir können durch diesen offenen Standard neue Erweiterungen unkompliziert und ganzheitlich definieren. Features von Eplan lassen sich dann quasi per Knopfdruck in die verschiedenen Steuerungswelten – wie die von Siemens oder Mitsubishi Electric – implementieren.

Michels: Der Standard hat den Charme, dass er sich nicht auf einen einzelnen Funktionsbereich fokussiert. Deshalb birgt AutomationML Potenzial aus vielen Blickwinkeln. Wenn man sich einmal mit dem Format in der Elektroplanung auseinandersetzt, kann man das gewonnene Know-how schnell auch auf andere Informationen oder Projektstrukturen anwenden – jedes Mal mit den bereits genannten Vorteilen von Modularisierung und Wiederverwendbarkeit. Das gilt nicht nur für bereits bestehende, sondern auch für noch kommende Entwicklungen in der Automatisierung. Es werden sich zukünftig noch einige Anforderungen ergeben, denen man mit AutomationML wunderbar begegnen kann.

Sehen Sie das auf Seite der Steuerungsanbieter genauso?

Pfaff: Ja, AutomationML bietet verschiedene Vorteile, mit denen sich unsere Kunden von Marktbegleitern abheben können. Und weil der Standard kontinuierlich weiterentwickelt wird, werden sich sicherlich noch weitere auftun, z.B. in der Antriebstechnik. Als Vorreiter in der Nutzung von AutomationML sehen wir hier vielfältige Möglichkeiten.

Klein: Gerade wenn man sich früh mit AutomationML beschäftigt, kann man davon profitieren – als Anbieter genauso wie als Anwender. Dadurch, dass hinter dem Standard die Zusammenarbeit vieler Automatisierungsanbieter steht, spiegelt er deren vereintes Know-how wider. Das bringt für alle Mitglieder des Vereins Vorteile – bündelt diese aber wiederum auch in der Gesamtheit für unsere Kunden. Solche Synergien werden zukünftig unabdingbar und sie lassen sich nicht generieren, wenn man sein eigenes Süppchen kocht.

Funke: AutomationML ist ja ein Standard, der komplett offen gelegt ist. Er bietet also prinzipiell keine spezifischen Vorteile für einzelne Anbieter oder Nutzer. Aber Firmen, die früh auf den AutomationML-Zug aufspringen, haben einen temporären Vorteil. Solange, bis die Marktbegleiter nachziehen – was sie über kurz oder lang vermutlich tun werden. Langfristig wird man sich darüber differenzieren können, wie gut und komfortabel man die Schnittstelle in die eigenen Tools integriert.

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Thematik: Allgemein
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