Interview mit Dirk Niestrat, Leipold
„Vorteile von Aluminium werden zukünftig stärker gefragt sein“
Originär als Drehteilehersteller bekannt, stellte die Leipold Gruppe vor fünf Jahren auf der Hannover Messe Industrie ihre erste eigenentwickelte Elektrokomponente vor, einen Phasenverteilerblock ausgelegt speziell für Aluminiumleiter in Energieverteilungen. Seitdem begleitet das Thema Aluminium den Hersteller. Der SCHALTSCHRANKBAU sprach mit Dirk Niestrat, Leiter der Unternehmenssparte Elektrotechnik, über die Entwicklung und die Herausforderungen bei den Elektrokomponenten.
Herr Niestrat, Aluminiumklemmen in Deutschland in der Verbindungstechnik: War das von Anfang an nicht ein Himmelfahrtskommando?
Dirk Niestrat: Nein, keinesfalls. Wir glauben bis heute daran, dass sich Aluminium auch noch viel mehr in Deutschland durchsetzen wird, als es bisher der Fall ist. Die Vorteile von Aluminiumklemmen werden im Schaltschrankbau in Zukunft viel stärker gefragt sein – insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Kosteneffizienz. Bei der Aluminium-Kompatibilität unserer Komponenten war Deutschland aber am Anfang gar nicht unser Fokusmarkt.
Wo sahen Sie denn Potenzial für Aluminium?
Niestrat: Unsere Vertriebsstrategie sah von Beginn an vor, auch international zu expandieren – beispielsweise in den USA, Skandinavien oder Osteuropa. Die Möglichkeit zur Verbindung von Aluminiumleitern ist dort Voraussetzung für den Markteintritt. Vor diesem Hintergrund haben wir unser gesamtes Klemmenportfolio auch auf Aluminiumleiter ausgelegt. Damit sind wir nach etwas mehr als fünf Jahren im Komponentenbereich bereits sehr erfolgreich. Zahlreiche namhafte Verbindungstechnikhersteller haben unsere Komponenten in ihr Portfolio übernommen – zum einen wegen der kompakten und ergonomischen Bauweise nach den Grundsätzen der einfachen Installation, zum anderen aber auch wegen der Aluminium-Kompatibilität. 13 Prozent unseres Umsatzes im Bereich Elektrotechnik erwirtschaften wir bereits durch die Elektroklemmen.
Trotzdem bleibt Aluminium für viele hierzulande ein Spezialfall. Wie überzeugen Sie Anwender von dem Leiterwerkstoff?
Niestrat: Prinzipiell überzeugen wir niemanden von einem bestimmten Werkstoff. Alle unsere Klemmen, selbst unsere neuen Reihenklemmen mit Aluminium-Kern, lassen sich mit Kupfer verbinden. Unser Portfolio an Hauptleitungsabzweigklemmen beispielsweise ist sowohl für Kupfer als auch Aluminium durchzertifiziert mit allen nötigen nationalen und internationalen Standards. Aber die Nachfrage nach Aluminiumklemmen steigt merklich an. Heute sind wir technisch viel weiter als bei herkömmlichen Verbindungslösungen.
Wie meinen Sie das?
Niestrat: Bis heute gibt es noch Pressverbinder, die mit Fett gefüllt werden, um Aluminium mit einem Spezialwerkzeug luftdicht zu verschließen. Dieses umständliche Verbinden ist aber eigentlich nicht mehr nötig. Der Kern unserer Klemmen sorgt mit einem dreifachen Korrosionsschutz bereits für eine sichere Verbindung. Was bleibt, ist die verbindliche Vorbehandlung des Aluminiumleiters. Aufgrund der Eigenschaften des Werkstoffs kommen Installateure nicht daran vorbei: Zuerst gilt es, die Oxidschicht abzunehmen. Es ist aber keinerlei Presshülse nötig. Und durch die kompakte Bauweise sparen Schaltschrankbauer viel Platz ein.
Die USA, Skandinavien und Osteuropa gehen bei der Verdrahtung von Aluminium voran: In den europäischen Musterstaaten wurde der Werkstoff in den großen Stromleitungen schon immer bis an die eigene Haustür gelegt. Wer in diesen Ländern bis heute Energieverteilungen verkabeln will, kommt an Aluminium nicht vorbei. In Deutschland bisher ein anderes Bild: Die Bundesrepublik gilt als klassisches Kupferland. Doch Aluminium gewinnt hierzulande bei der Verkabelung zunehmend an Bedeutung. Erneuerbare-Energien-Branchen wie Windkraft und Solar setzen seit jeher auf den alternativen Leiterwerkstoff. Daneben bestehen teilweise ganze Stromtrassen aus Aluminiumkabeln. Überall dort, wo Verteilungen aufgebaut werden, gelangt Aluminium verstärkt in den Fokus.
Carl Leipold GmbH
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