Automatisierung der mechanischen Fertigung
Einen weiteren Vorteil bringen die im Zwilling gespeicherten Daten: Die Längen der Kabelkanäle und Hutschienen werden automatisch erzeugt. Das Ausmessen und der anschließende manuelle Zuschnitt entfallen. Stattdessen stellt ein automatischer Kabelkanal- und Hutschienen-Cutter das Material pro Schrank bereit. Auch in weiteren Prozessschritten bringen die exakten Datensätze aus dem digitalen Zwilling einen hohen Mehrwert in der Bearbeitung. „Für die exakte Position der Bohrlöcher und Ausschnitte holt sich der Bohr- und Fräsautomat seine Daten aus dem 3D-Modell“, so Terstegen. Automatisierte Plott- und Druckstationen entlasten die Mitarbeiter zusätzlich bei der Beschriftung der einzelnen Bauteile. Ein weiteres Beispiel für den Effizienzgewinn durch digitalisierte Prozesse ist das Outsourcen der Klemmleistenfertigung. Fertig beschriftete und komplett konfigurierte Klemmleisten sind über Zulieferer bestellbar: Dazu wird die fertig konstruierte Klemmleiste aus dem digitalen Zwilling zum Dienstleister geschickt und von diesem vollautomatisch produziert. „Ein solcher Automat rechnet sich allerdings nur dann, wenn laufend hohe Stückzahlen benötigt werden“, so Terstegen. „Hier müssen produzierende Unternehmen selbst entscheiden, welche Erweiterung des Maschinenparks sinnvoll ist und was sich outsourcen lässt.“ Auch Leitungen lassen sich nach den jeweiligen Anforderungen vorkonfektionieren.
Papierlose Fertigung dank Smart Wiring
Ein weiterer Schritt hin zur papierlosen Fertigung ist Smart Wiring. Die Technologie ermöglicht es, die gesamte Verdrahtung der Anlage über den digitalen Zwilling zu visualisieren. Ausgedruckte Schaltpläne für die Verdrahter gehören damit der Vergangenheit an. Die Arbeit erfolgt stattdessen via Tablet direkt am 3D-Modell. Ablesen lassen sich aus dem digitalen Zwilling Leitungslängen, Leitungswege und Klemmpunkte. Dabei wird vom System der gleichmäßige Füllgrad der Kabelkanäle berücksichtigt. Arbeiten mehrere Abteilungen zeitgleich an dem Modell, ist es über den digitalen Zwilling zudem möglich, den aktuellen Bearbeitungsstatus in Echtzeit abzulesen. Änderungen sind so jederzeit für alle Beteiligten transparent und exakt dokumentiert. „Ein wichtiger Aspekt ist für uns, dass wir mit der Digitalisierung der Prozesse Änderungen flexibel integrieren können“, so Terstegen. Bei Anpassungen sieht der Elektrokonstrukteur online, ob die betreffende Komponente schon verdrahtet ist, und die Änderung erscheint augenblicklich auf dem Tablet des Verdrahters. Umgekehrt fällt möglicherweise dem Verdrahter ein Fehler auf. Die Änderung wird in Echtzeit an den Elektrokonstrukteur übermittelt.
Schnittstellenproblematik im Schaltanlagenbau
Eine Herausforderung bei der unternehmensübergreifenden Datenübertragung ist die Tatsache, dass es bislang keine allgemein genormte Schnittstelle für das 3D-Modell eines Schaltschranks gibt. In anderen Branchen, wie dem Baubereich, normiert die IFC-Schnittstelle die 3D-Darstellung eines Gebäudes. Der Softwareanbieter Eplan bietet als Marktführer für Elektro-CAD-Systeme stattdessen eine eigene Schnittstelle an. Mit der Softwarelösung Pro Panel bildet Eplan den digitalen Zwilling ab. Kunden und Dienstleister, die Eplan Electric P8 einsetzen, können sich über das Eplan Pro Panel-System miteinander vernetzen und so nahtlos Daten übertragen. Zusätzlich erstellte Dokumente für den Informationsaustausch entfallen.