Projekt Roboschalt

Automatisierte Verdrahtung konfektionierter Adern

Projekt Roboschalt

Der innere Aufbau von Schaltschränken ist häufig sehr kundenspezifisch. Die daraus resultierende hohe Varianz und geringe Losgröße behindert in vielen Fällen eine effiziente Automatisierung. Ziel des Forschungsprojekts RoboSchalt an der Ruhr-Universität Bochum ist ein Konzept für die automatisierte Verdrahtung von Klemmen unter Nutzung eines Industrieroboters.

Zur Validierung der Ergebnisse wurde für das Projekt Roboschalt an der Ruhr-Universität Bochum eine Versuchszelle, bestehend aus zwei Industrierobotern von ABB, aufgebaut. (Bild: Lehrstuhl für Produktionssysteme, Ruhr-Universität Bochum)

Zur Validierung der Ergebnisse wurde für das Projekt Roboschalt an der Ruhr-Universität Bochum eine Versuchszelle, bestehend aus zwei Industrierobotern von ABB, aufgebaut. (Bild: Lehrstuhl für Produktionssysteme, Ruhr-Universität Bochum)

Ausgehend von den Anforderungen an ein flexibles, kostengünstiges und einfach zu nutzendes System wurde im 2018 gestarteten Projekt Roboschalt an der Ruhr-Universität Bochum ein Lösungsansatz entwickelt, der über eine direkte Anbindung an die Planungssysteme verfügt und automatisiert für den jeweiligen Montageauftrag Programmabläufe für einen Industrieroboter erzeugen kann. Parallel zum Planungssystem wird dabei eine Wissensdatenbank aufgebaut, die bauteilspezifisches Wissen beinhaltet. Es ergänzt die aus dem Planungssystem bereitgestellten Informationen und ermöglicht eine automatisierungsgerechte Beschreibung des Schaltschranks bzw. der Montage des Schaltschranks. Aus dieser Beschreibung werden dann die notwendigen Bahnen abgeleitet, auf denen das Werkzeug vom Industrieroboter geführt werden muss. Ein nachgeschalteter Programmgenerator erzeugt anschließend aus den Bahnen eine für den Industrieroboter passende Programmierung.

 

Als Teil des Programmgenerators kann die Bewegung des Manipulators über eine Offline-Simulation validiert werden. Sofern über die Simulation eine korrekte und kollisionsfreie Bewegung bestätigt werden kann, kann die Montage ausgeführt werden. Auftretende Toleranzen werden dabei über zwei Kamerasysteme erkannt und über den Roboter ausgeglichen. Die Handhabung der Adern wird von einem für den Verdrahtungskontext speziell entwickelten Werkzeug übernommen, während das Werkzeug selbst von einem Industrieroboter geführt wird. Die dargestellte Architektur orientiert sich an dem Microservices-Architekturmuster, um eine möglichst hohe Flexibilität der späteren Lösung zu ermöglichen und eine möglichst hohe Trennung einzelner Aufgaben zu erreichen. Zudem erleichtert die Unabhängigkeit die Entwicklung sowie Tests und erhöht die Wiederverwendbarkeit der einzelnen Bausteine. So muss z.B. bei der Verwendung eines alternativen Industrieroboters lediglich der Programmgenerator ausgetauscht werden, während die restlichen Komponenten weitergenutzt werden können. Zur weiteren Reduktion der Gesamtkosten wurde bei der Kameratechnik auf kostengünstige Standardkomponenten zurückgegriffen, die zusammen mit der freien Software-Bibliothek OpenCV eine leistungsfähige und für den Anwendungsfall angepasste Vision-Lösung ergeben.

Parametrierbare Roboterprogramme

Neben einem spezialisierten Werkzeug ist die Erzeugung eines für den jeweiligen Schaltschrank individualisierten Roboterprogramms essentiell. Dabei ist es vorteilhaft, dass zwar jeder Schaltschrank unterschiedlich aufgebaut ist, der Aufbau jedoch nach dem gleichen Schema und oft mit ähnlichen Komponenten erfolgt. Eine im Rahmen des Forschungsprojekts durchgeführte Analyse der eingesetzten Komponenten hat ergeben, dass in einem repräsentativen Zeitraum von neun Monaten beim Projektpartner bereits zwei Typen von Klemmen über die Hälfte der verbauten Komponenten abdecken und knapp 84 Prozent der verbauten Komponenten durch nur sechs unterschiedliche Typen von Klemmen abgedeckt werden. Die Klemmen sind mit der sogenannten Push-In-Technik ausgestattet, die die automatisierte Montage von Adern erleichtert, da Adern lediglich in die jeweiligen Anschlüsse gedrückt und nicht zusätzlich, z.B. durch eine Schraube, befestigt werden müssen. In Bezug auf die Erzeugung des Roboterprogramms können die ähnlichen Strukturen und Komponenten im Schaltschrank genutzt werden, um parametrierbare Bewegungen zu definieren. Z.B. ist der Ablauf für das Einstecken von Adern immer ähnlich. Zwar sind die Komponenten größer oder kleiner oder die Ader wird schräg anstatt senkrecht von oben eingesteckt, jedoch ist das Bewegungsmuster gleich. Wird nun für jede Teilbewegung ein parametrierbares Roboterprogramm erstellt, kann aus geeigneter Aneinanderreihung der einzelnen Teilprogramme ein vollständiges Programm erstellt werden. Damit das Konzept in Bezug auf den Industrieroboter unabhängig bleibt, wird als Zwischenschritt ein herstellerunabhängiges Roboterprogramm erstellt, aus dem anschließend das herstellerspezifische Roboterprogramm abgeleitet wird.

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