Auswirkungen der ‚bösen Buben‘ minimieren

Neue Entwicklungen für die technische Dokumentation und bessere Spannungsqualität

Auswirkungen der ‚bösen Buben‘ minimieren

Auch in diesem ungewöhnlichen Jahr hatte Schneider Electric Mitte September die Fachpresse zur Vorstellung der neuesten Entwicklungen im Bereich Energie- und Gebäudemanagement sowie Industrieautomation eingeladen. Aus Sicht des Schaltanlagenbauers besonders interessant waren dabei die Möglichkeiten, die eine effizient angewandte Digitalisierung bietet. Dies manifestiert sich einmal in einer höheren Verfügbarkeit von Energie, in einer vereinfachten Anlagendokumentation, aber auch im Bereich Mittelspannung.

Das Digital Logbook ist ein Werkzeug, mit dem sich die technische Dokumentation einer NS- und MS-Anlage einfach und schnell in digitaler Form erstellen lässt. (Bild: Schneider Electric GmbH)

So bietet Schneider Electric Schaltanlagenbauern, Auftragnehmern und Endkunden mit dem Digital Logbook ein Werkzeug, mit dem sich die technische Dokumentation einer MS- und NS-Anlage einfach und einfach und schnell in digitaler Form erstellen lässt. Entsprechend entfällt die zeitraubende und fehleranfällige Dokumentation einer Anlage in Papierform. Dies ist möglich, da alle einem Projekt zugehörigen Dokumente (etwa Handbücher, technische Dokumentationen, Wartungspläne sowie Wartungs- und Reparaturprotokolle oder Bedienungsanleitungen) an zentraler Stelle in digitaler Form in einer Datenbank hinterlegt werden. Informationen zu verbauten Geräten von Schneider Electric lassen sich einfach via EcoStruxure Power Commission oder via eingescanntem QR-Code bei verbauten Geräten hinzufügen und speichern. „Mit der Software EcoStuxure Power Commission kann der Schaltanlagenhersteller z.B. sämtliche Schaltgeräte von Schneider Electric konfigurieren, er kann diese testen und anschließend automatisch einen Report darüber erstellen“, erläutert Andreas Rosin, Produkt- und Applikationsspezialist Messtechnik bei Schneider Electric beim Gespräch mit dem SCHALTSCHRANKBAU. Das Resultat dieses Vorgehens ist eine auf den konkreten Fall zugeschnittene, einfach erstellte, umfassende digitale Bibliothek. Auch der Zugriff auf diese Bibliothek ist über QR-Code möglich. Wird dieser beispielsweise auf eine Anlage geklebt, können Fachkräfte den Code unkompliziert vor Ort via Mobilgerät (EcoStruxure Facility Expert App) einscannen und alle Unterlagen stehen ihnen dort sofort zur Verfügung.

Der Digitale Zwilling

Bei der Entwicklung des digitalen Logbooks orientierte sich Schneider Electric an der Idee des Digitalen Zwillings einer Anlage. In diesem Zwilling sollen alle relevanten Informationen, vom Schaltplan bis zu Wartungshinweisen, an zentraler Stelle vorgehalten werden. Es bildet also die komplette Schaltanlage mit allen Komponenten in digitaler Form ab. Das Digital Logbook setzt die Idee individuell für jede Schaltanlage um. Resultat dieser Umsetzung sind konkrete Vorteile in der täglichen Praxis:

  • • Sofortiger Zugriff: Einfache und schnelle Verwaltung von Anlagen dank dem sofortigen, digitalen Zugriff auf Benutzerhandbücher, Zeichnungen, Fotos, Abnahmen, Ersatzteillisten und vieles mehr.
  • • Vermeidung von Fehlern: Das Digital Logbook sorgt für die Erstellung einer klaren und konsistenten Dokumentation, da widersprüchliche oder fehlende Informationen vermieden bzw. einfach und schnell korrigiert und ergänzt werden können.
  • • Einfache Organisation: Da sich in jeder Phase des Lebenszyklus einer Anlage valide Informationen mit Partnern austauschen lassen, ist ohne gesonderten Aufwand die jederzeitige, optimale Anlagenverwaltung gewährleistet.
  • • Optimierung der Lebensdauer von Anlagen: Wartungsstatus und Standort auf einen Blick, Wartungspläne mit automatisch generierten Vorlagen für die Anlagen von Schneider Electric (Okken, Prisma P, MasterPact, Canalis, Altivar, AccuSine, VarSet, FBX, PIX, RM6, SM6, Trihal, Minera, usw.) und durchführbarer Aufgabenmanager für langfristige Wartungspläne, Erinnerungen und Aufgabenzuweisung.

Die gasisolierten und IoT-fähigen GMA Mittelspannungs-Schaltanlagen sind geeignet für Schaltstationen von bis zu 24kV. (Bild: Schneider Electric GmbH)

Power Quality

In seinem Vortrag im Rahmen der Fachpresseveranstaltung zum Thema Power Quality wies Andreas Rosin darauf hin, das es zukünftig immer entscheidender wird, auf die Versorgungs- und Spannungsqualität zu achten. „Dies liegt in erster Linie daran, dass sich im Zuge der erhöhten Energieeffizienz die Verbraucher und damit auch die Lasten für das Versorgungsnetz gewandelt haben. Beispiele dafür sind unter anderem LED-Lampen, mit Frequenzumrichtern betriebene Motoren oder einphasige Netzgeräte“, so Rosin. „Ein weiteres Beispiel für solche ‚bösen Buben‘, wie wir diese Verbraucher auch umgangssprachlich nennen, sind die Ladegeräte für unsere Smartphones. Die darin verbauten Stützkondensatoren erzeugen Peaks. Ein Ladegerät ist nicht schlimm, allerdings viele dieser Ladegeräte können für unsere Versorgungsnetze eine Herausforderung darstellen.“ Diese nicht-linearen Lasten machen sich unter anderem bemerkbar in Form von Transienten, Oberschwingungen oder Unter-/Überspannungen. Es gelte nun, diese Auswirkungen durch den Einsatz moderner Messtechnik und digitalen Hilfsmitteln zu minimieren. Hierzu bietet Schneider Electric zahlreiche Komponenten vom Energiezähler über Universal-Messgeräte bis hin zum Netzanalysator. In der ganzheitlichen EcoStruxure Architektur sind dies die vernetzten Produkte auf der untersten Ebene. Auf der zweiten Ebene, der sogenannte Edge Control, laufen die ermittelten Daten zusammen, eine Ebene höher (Apps & Analytics) können diese dann mithilfe entsprechender Software-Tools ausgewertet und gegebenenfalls Maßnahmen eingeleitet werden. „Zurzeit nutzen wir lediglich 10 Prozent der Daten, die wir erheben. Hier gibt es also noch jede Menge Optimierungspotenzial“, ist Christophe de Maistre, Zone President DACH bei Schneider Electric, überzeugt.

 

Andreas Rosin, Produkt- und Applikationsspezialist für Power Quality und Smart Panels, Schneider Electric GmbH

„Im Zuge der erhöhten Energieeffizienz haben sich
die Verbraucher und damit auch die Lasten für
das Stromnetz gewandelt“

 

Digitale Isolationsüberwachung

Eine neue digitale Lösung präsentierte das Unternehmen in Berlin mit den Vigilohm-Serien IM9, IM10/20, IM400 und IFL12. Dabei handelt es sich um neue digitale Isolationsüberwachungsgeräte zur Fehlererkennung und -ortung in nicht geerdeten Niederspannung-Versorgungsnetzen. Mit den Vigilohm Isolationsüberwachungsgeräten erhalten Anwender einfache und zuverlässige Lösungen zur Isolationsüberwachung samt Fehlermeldung und Fehlerortung. Das neue Angebot trägt so dazu bei, die Sicherheit von Mitarbeitern und Anlagen sowie die Verfügbarkeit von Prozessen zu erhöhen, die Brand- und Explosionsgefahr zu verringern, die Wartung zu vereinfachen und Betriebskosten zu reduzieren. Die Geräte der Vigilohm-Familie arbeiten nach dem Injektionsprinzip, der Netz-Isolationswiderstand wird also durch das Einspeisen eines dafür geeigneten Signals gemessen. Vigilohm ist Teil der Schneider Electric PowerLogic-Reihe, einer Serie von Produkten und Systemlösungen zur Optimierung von Energiekosten, Netzqualität und Anlagenverfügbarkeit. Nicht geerdete Stromnetze oder isolierte IT-Netze werden zumeist als kleinräumiges Industrienetz oder in Krankenhäusern genutzt. Ihr Vorteil besteht darin, dass ein Erdschluss nicht direkt zu einem Ausfall führt. Denn ein derartiger Fehler lässt sich mit Isolationsüberwachungsgeräten anzeigen und kann dann behoben werden. Derartige Netze werden daher immer dann genutzt, wenn Stromausfälle zu Sicherheitsrisiken, Produktionsverlusten oder erheblichen Kosten durch Ausfallzeiten führen würden. Lösungen zur Isolationsüberwachung sind entsprechend in zahlreichen Branchen unverzichtbar. Etwa in Industrieunternehmen, bei denen kontinuierliche Prozesse garantiert sein müssen. Beispiele hierfür sind die Chemische Industrie oder Infrastruktureinrichtungen wie Flughäfen oder Eisenbahnen, bei denen Sicherheitsaspekte höchste Priorität genießen. Aber auch im Gesundheitswesen, bei der Stromerzeugung, der Marine oder im Bergbau.

 Die Vigilohm-Serien IM9, IM10/20, IM400 und IFL12 sind neue digitale Isolationsüberwachungsgeräte zur Fehlererkennung und -ortung in nicht geerdeten Niederspannung-Versorgungsnetzen. (Bild: Schneider Electric GmbH)

Die Vigilohm-Serien IM9, IM10/20, IM400 und IFL12 sind neue digitale Isolationsüberwachungsgeräte zur Fehlererkennung und -ortung in nicht geerdeten Niederspannung-Versorgungsnetzen. (Bild: Schneider Electric GmbH)

Gasisolierte Schaltanlagen sind IoT-fähige Allrounder

Die gasisolierten und IoT-fähigen GMA Schaltanlagen sind geeignet für Schaltstationen von bis zu 24kV, 2500A, 31,5kA und kommen in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen der Mittelspannung zum Einsatz: Energieversorgung, Industrie, Infrastruktur sowie Windenergie. Dabei profitieren die Kunden nicht nur vom kompakten Design und einer langen Lebensdauer, sondern ebenso von einer extrem hohen Versorgungssicherheit. Auch die Zuverlässigkeit ist bei GMA-Anlagen durch eine durchgängige Kapselung aller Komponenten und der Möglichkeit zur Fernsteuerung stets gewährleistet. Gleichzeitig gestaltet sich die Bedienung der Schaltanlagen aber auch sehr intuitiv und nutzerfreundlich. Vor allem dann, wenn die Anlagen digitalisiert als Teil eines Smart Grid zur Verfügung stehen. Ausgestattet mit entsprechenden digitalen Messgeräten, Sensoren, z.B. zur Temperaturerfassung oder Störlichtbogenerkennung, moderner Schutz- und Leittechnikanbindung, lassen sich die modernen GMA Schaltanlagen als Teil der ganzheitlichen und IoT-fähigen Lösungsarchitektur EcoStruxure betreiben. Die gesammelten Daten können dann von einer Software aufbereitet für Zustandsüberwachung, Energiemanagement und vorausschauende Wartung genutzt werden.

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